Cannabis kann das Risiko auf Herzrhythmusstörungen erhöhen Erin Stone auf Pixabay
  • 10. September 2024
  • Prof. Dr. Manfred Zehender
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Cannabis kann das Risiko auf Herzrhythmusstörungen erhöhen

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Seit der limitierten Freigabe von Cannabis und einer immer häufigeren therapeutischen Anwendung wird in der Medizin noch intensiver die Frage gestellt, welche Auswirkungen der Joint auf die Gesundheit hat. Es gibt eine ganze Rei-he von relevanten Wechselwirkungen, in diesem Beitrag wird der Zusammen-hang von Cannabis und Herzrhythmusstörungen beleuchtet.
Herzrhythmusstörungen haben eine Vielzahl von Ursachen und stellen eine komplexe Herausforderung für das kardiovaskuläre System dar. In den letzten Jahren hat die Diskussion über die potenziellen Auswirkungen von Cannabiskonsum in Bezug auf das Auftreten von Herzrhythmusstörungen deutlich zugenommen. Wie ist der aktuelle Forschungsstand?

Cannabis und das Endocannabinoid-System

Cannabis enthält mehr als hundert verschiedene Cannabinoide, darunter Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD), die mit dem Endocannabinoid-System (ECS) des Körpers interagieren. Das ECS spielt eine Rolle bei der Regulation verschiedener physiologischer Prozesse, ein-schließlich der Herzfrequenz und des Blutdrucks. Insofern stehen Cannabiskonsum und Herzgesundheit in einem direkten Zusammenhang.

Dabei ist die Rolle von THC kontrovers. Studien haben gezeigt, dass THC, der psychoaktive Be-standteil von Cannabis, vorübergehend den Herzschlag beschleunigen kann. Dies könnte folglich potenziell Herzrhythmusstörungen bei empfindlichen Individuen auslösen. Auch Vorerkrankungen könnten verstärkt werden. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass diese Effekte vorübergehend sind und nicht notwendigerweise bei allen Personen auftreten.

Die mögliche Rolle von CBD

Im Gegensatz dazu hat CBD, ein nicht-psychoaktives Cannabinoid, potenziell positive Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System gezeigt. Es wird angenommen, dass CBD antioxidative und entzündungshemmende Eigenschaften hat, die bei der Vorbeugung von Herzkrankheiten nützlich sein könnten, also auch bei Herzrhythmusstörungen.

Diese beiden gegeneinander läufigen Befunde der Forschung sorgen also eher für eine gewisse Unsicherheit. Die wissenschaftliche Forschung zu Cannabis und Herzrhythmusstörungen ist zudem begrenzt und in der Tat oft widersprüchlich. Einige Studien deuten darauf hin, dass Cannabis bei bestimmten Herzrhythmusstörungen sogar schützend wirken könnte, während andere auf mögliche Risiken hinweisen. Die individuellen Unterschiede in der Reaktion auf Cannabinoide, kombiniert mit Variablen wie Dosierung und Konsummethode, machten es schwierig, klare und eindeutige Schlussfolgerungen zu ziehen.

Dänische Forschungen

Mehr Licht ins Dunkel bringen jedoch spannende Ergebnisse aus Dänemark, die in diesem Jahr veröffentlicht wurden. 5391 Männer und Frauen wurden nach dem Start einer Cannabistherapie zu skeletalen und neurologische Auswirkungen sowie auf Patienten mit Krebserkrankungen beobachtet und mit jeweils 5 in den Hauptkriterien untersuchten Personen verglichen. Hierbei konnten eindeutigere Zusammenhänge festgestellt werden.

Nach dem Start einer Cannabistherapie kam es in den ersten 180 Tagen bei 0.8% der Probanden zu einer sogenannten Arrhythmiediagnose des Herzens, zumeist Vorhofflimmern. Ein im Vergleich zur Kontrollgruppe hoher Wert, bei der das Risiko nur halb so hoch lag. Die Darreichungsform spielte dabei keine Rolle. Das Risiko auf Herzrhythmusstörungen war noch einmal deutlich erhöht auf 1.5% und 1.6% bei Krebs- und kardiometabolischen Erkrankungssituationen. Nach sechs Monaten waren die Unterschiede immer noch erhalten, aber deutlich geringer.

Damit lässt sich als Fazit festhalten: Die Beziehung zwischen Herzrhythmusstörungen und Cannabistherapie ist komplex und bedarf weiterer eingehender Forschung. Dennoch scheint nun klar zu sein, dass mit Beginn der Cannabiseinnahme das Risiko für Herzrhythmusstörungen deutlich steigt und, obwohl abnehmend, sich über Monate auch ohne Konsum noch fortsetzt. Aus ärztlicher Sicht ist der Hinweis zu beachten: Individuelle Umstände, die medizinische Vorgeschichte und eine entsprechende Risikostratifikation sollten bei der Entscheidung für oder gegen eine Cannabistherapie mit Blick auf die dargestellte Risikosteigerung für Herzrhythmusstörungen sorgfältig berücksichtigt werden.
Prof Manfred Zehender
Zur Person


Professor Dr. Manfred Zehender ist Ärztlicher Direktor der Max Grundig Klinik und einer der führenden Herzspezialisten in Deutschland.

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