Stress als Risikofaktor für Herzerkrankungen und was moderne Herzvorsorge leistet Gerd Altmann auf Pixabay
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Stress als Risikofaktor für Herzerkrankungen und was moderne Herzvorsorge leistet

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Wir wissen alle, dass dauerhafter beruflicher und privater Stress nicht gut für unser Herz ist. Dennoch wurde Stress bei der Beurteilung von Risikofaktoren für Herzerkrankungen von der Medizin lange unterschätzt. In den letzten Jahren wird durch neue Forschungsansätze jedoch immer deutlicher, dass Stress als eigenständiger Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen gesehen werden muss.
Eine Analyse von 80 Studien zur Stressreduktion seitens einer Forschergruppe in Melbourne zeigt, dass Achtsamkeitstraining, Aufklärung und individuelle psychologische Unterstützung geeignet sind, genau diesen Stress zu vermindern und diesen kardiovaskulären Risikofaktor nachhaltig zu reduzieren.

Der Wirkmechanismus: Stress kann nachweislich zu Bluthochdruck, Störungen des Fettstoffwechsels, Zuckerkrankheit, Übergewicht und Schlafstörungen führen. Stress gilt deshalb heute als Multiplikator der Gefahr, die von den klassischen kardiovaskulären Risikofaktoren ausgeht, denn Stress selbst steigert beispielsweise Episoden von Bluthochdruck, schwächt entsprechende Medikamente wie etwa Betablocker in ihrer Wirkung ab oder führt häufiger zu Blutzuckerentgleisungen.

Die leitende Frage war lange Zeit, ist Stress auch unabhängig von seiner zweifellos verstärkenden Wirkung auf bekannte kardiovaskuläre Risikofaktoren auch ein eigenständiger Risikofaktor? Und wenn ja, wo ist der bisher fehlende Link, der dieses Risiko letztlich in eine manifeste Arteriosklerose überführt?

Neueste Forschungsergebnisse zeigen eine Kausalität mit einer zentralen Schlüsselbedeutung für die pathophysiologischen Zusammenhänge von Stress und Herzkrankheiten, die zum Fortschreiten der Arteriosklerose bis hin zum Herzinfarkt und Schlaganfall führen können.

Wie Risikofaktoren für Herzerkrankungen heute gut erkannt werden können

Neben dieser Erkenntnis kommt bei der Früherkennung im Herzbereich der Begriff der personalisierten Medizin ins Spiel. Neben den bekannten Parametern spielen das individuelle genetische Profil und die Sozialisierung eine entscheidende Rolle, ob und in welchem Lebensalter man am Herzen erkrankt oder nicht. Besser gebildete Schichten mit höherem Einkommen beispielsweise, haben ein geringeres Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall.

Die medizinische Forschung hat sich in jüngerer Zeit in besonderem Maße auf die Früherkennung von Herz- und Gefäßerkrankungen konzentriert und dabei unter anderem hochsensitive Marker entwickelt, die die Vorhersehbarkeit entscheidend verbessern.

Heute wird beispielsweise nicht nur der Cholesterinwert im Blut gemessen, oder gutes und schlechtes Cholesterin unterschieden, sondern das sogenannte Lipoprotein (a) bestimmt, ein genetisch fixierter Indikator, wie gut der Körper und insbesondere die Leber mit Fett umzugehen vermag und wie leicht sich Ablagerungen in den Arterien bilden.

Je nach Wert, der im ganzen Leben praktisch gleichbleibt und deshalb auch schon in jüngeren Jahren höchst aussagekräftig ist, steigt das Lebensrisiko für einen Herzinfarkt um das 5-10-fache, eng korreliert mit der Höhe des individuellen Wertes.

Neben Lipoprotein (a) wird heute beim kardiovaskulären Check-up HBA1C als weiterer moderner Marker erfasst werden. Wo früher der morgendliche Nüchtern-Zucker im Blut mit all seinen Schwankungen und Einflüssen entscheidend für den Beginn einer Zuckerkrankheit und deren Behandlung war, gibt uns HBA1C heute einen Überblick über den mittleren Zuckerwert der letzten 3 Monate durch Memory-Oberflächenproteine auf Blutzellen. Dies ist für die Diabeteseinstellung und die langfristige Herzgesundheit von großer Bedeutung.

Ebenfalls von Bedeutung: Es gibt heute weniger Standardlösungen zur Risikoerfassung, Diagnostik und Behandlung, jedoch zahlreiche moderne Tools, die sich auf das individuelle Risiko konzentrieren und dieses viele Jahre im Voraus zuverlässig abschätzen lassen, bevor die Krankheit ausbricht. Moderne Prävention von Herzerkrankungen baut auf dem Status des einzelnen Patienten auf und arbeitet individuelle Pläne aus.

Für das Verständnis von Herzerkrankungen ist zudem wichtig zu wissen, dass das Herz ein „fühlendes“ Organ ist. Entsprechend gehören Herz & Psychosomatik immer bei allen Betrachtungen untrennbar zusammen. Und dies erklärt auch, weshalb häufiger und langfristiger Stress unserem Herz nicht guttut.

Prof Manfred Zehender
Zur Person


Professor Dr. Manfred Zehender ist Ärztlicher Direktor der Max Grundig Klinik und einer der führenden Herzspezialisten in Deutschland.

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