Inzidenz von Vorhofflimmern
Vorhofflimmern (VHF) nimmt weltweit zu, insbesondere in den Industrieländern. Die Alterung der Bevölkerung spielt dabei eine zentrale Rolle, da das Risiko für Vorhofflimmern mit zunehmendem Alter deutlich ansteigt. Studien zeigen, dass etwa 1 - 2 Prozent der Allgemeinbevölkerung von Vorhofflimmern betroffen sind, wobei die Inzidenz bei Menschen über 65 Jahren auf über 10 Prozent ansteigen kann.Eine Metaanalyse aus dem Jahr 2020 schätzte die globale Inzidenz auf etwa 1,6 Millionen neue Fälle pro Jahr, wobei eine höhere Rate bei Männern im Vergleich zu Frauen beobachtet werden konnte. Ebenso spielt die ethnische Herkunft eine Rolle, da Studien gezeigt haben, dass Menschen europäischer Abstammung ein höheres Risiko für Vorhofflimmern haben als Menschen anderer ethnischer Gruppen.
Besonders beeindruckend scheint die Geschwindigkeit zu sein, mit der die Herzrhythmusstörungen zunehmen. Erstmals liegen hier umfassende Daten über 20 Jahre bei mehr als 3,5 Millionen Menschen in Dänemark vor. Danach stieg zum Indexalter von 45 Jahren das Lebenszeitrisiko für Vorhofflimmern von 24,2 Prozent auf 30,9 Prozent, wenn die ersten beiden Jahrzehnte dieses Jahrhunderts verglichen wurden - ein Zuwachs um 7 Prozent!
Morbidität von Vorhofflimmern
Vorhofflimmern ist mit einer erheblichen Krankheitslast verbunden, da es zahlreiche Komplikationen nach sich ziehen kann. Die größte Sorge ist das erhöhte Schlaganfallrisiko. Da das unregelmäßige Herzflimmern den Blutfluss in den Vorhöfen verringert, können sich Blutgerinnsel bilden, die, wenn sie in den systemischen Kreislauf gelangen, Schlaganfälle verursachen können. Menschen mit Vorhofflimmern haben ein fünfmal höheres Risiko für ischämische Schlaganfälle als die Allgemeinbevölkerung.Die genannte Studie in Dänemark konnte dazu zeigen, dass nach neu aufgetretenem Vorhofflimmern das Lebenszeitrisiko für einen Herzinfarkt um 11 Prozent, für Schlaganfälle um 21 Prozent und für das Risiko einer Herzinsuffizienz um 42 Prozent höher lag.
Darüber hinaus verursacht Vorhofflimmern eine signifikante Verschlechterung der Lebensqualität. Patienten berichten häufig über Symptome wie Herzklopfen, Schwindel, Müdigkeit und Atemnot. Diese Symptome können chronisch werden, insbesondere wenn das Vorhofflimmern dauerhaft besteht.
Eine weitere wichtige Dimension der Morbidität ist die Belastung des Gesundheitssystems. Vorhofflimmern führt zu häufigen Krankenhauseinweisungen, was einen erheblichen wirtschaftlichen und personellen Aufwand bedeutet. Es wird geschätzt, dass allein in Europa jährlich über 500.000 Krankenhausaufenthalte auf Vorhofflimmern zurückzuführen sind.
Vorhofflimmern ist nicht nur eine Erkrankung mit hohen Morbiditätsraten, sondern geht auch mit einer erhöhten Sterblichkeit einher. Studien haben gezeigt, dass Vorhofflimmern mit einer etwa 1,5 bis 2,0-fachen Erhöhung des Sterblichkeitsrisikos verbunden ist.
Prävention und Management
Angesichts der hohen Inzidenz, Morbidität und Mortalität von Vorhofflimmern liegt der Schwerpunkt auf Prävention und effektivem Management. Präventionsstrategien umfassen Lebensstiländerungen wie regelmäßige körperliche Aktivität, Gewichtskontrolle, Blutdruckmanagement und die Behandlung von Begleiterkrankungen wie Diabetes und Schlafapnoe.Für Patienten mit diagnostiziertem Vorhofflimmern stehen verschiedene Behandlungsoptionen zur Verfügung. Blutverdünnungsmedikamente sind das Rückgrat der Prävention von Ereignissen wie Schlaganfällen. In Fällen, in denen die Symptome stark ausgeprägt sind oder die Herzfunktion beeinträchtigt ist, kann eine Rhythmus- oder Frequenzkontrolle mit Hilfe von Medikamenten, elektrischer Kardioversion oder Katheterablation notwendig sein.
Fazit
Es wird deutlich, dass Vorhofflimmern eine zunehmend häufige und oft unterschätzt Herzerkrankung ist, die mit erheblichen gesundheitlichen Risiken einhergeht. Die steigende Inzidenz, insbesondere bei älteren Menschen, sowie die hohe Morbidität und Mortalität machen Vorhofflimmern zu einer großen Herausforderung für das Gesundheitssystem. Eine frühzeitige Erkennung, wirksame Behandlung sowie umfassende Präventionsstrategien sind entscheidend, um die durch Vorhofflimmern bedingten gesundheitlichen Folgen zu minimieren und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.Wann immer Sie einen unregelmäßigen Puls bei sich spüren oder die Smartwatch Ihnen dies anzeigt – lassen Sie sich untersuchen, denn das höchste Risiko ist und bleibt es, wenn Vorhofflimmern nicht erkannt wird.
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Zur Person
Professor Dr. Manfred Zehender ist Ärztlicher Direktor der Max Grundig Klinik und einer der führenden Herzspezialisten in Deutschland.