Bluthochdruck – Der ideale Zeitpunkt der Medikamenteneinnahme Ewa Urban auf Pixabay
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Bluthochdruck – Der ideale Zeitpunkt der Medikamenteneinnahme

Bluthochdruck (Hypertonie, > 140/85 mmHg) zählt weltweit zu den häufigsten Gesundheitsproblemen und ist ein führender Risikofaktor für schwerwiegende Erkrankungen. Da Bluthochdruck oft symptomlos verläuft, wird er auch als "stiller Killer" bezeichnet.
Die medikamentöse Blutdrucksenkung ist daher von zentraler Bedeutung, um auf Dauer die Schädigung von Organen wie Herz, Gehirn, Nieren und Augen zu bekämpfen. Folgend sind die wichtigsten Gründe aufgeführt, weshalb eine effektive medikamentöse Blutdruckkontrolle so wichtig ist.

Reduktion des Schlaganfall- und Herzinfarktrisikos: Studien zeigen, dass eine Senkung des systolischen Blutdrucks um nur 10 mmHg das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse wie Schlaganfälle und Herzinfarkte um etwa 20 bis 30 % reduzieren kann.

Schutz der Organe: Langfristig erhöhter Blutdruck führt zu einer Schädigung der Blutgefäße und der Endorgane. Eine gut eingestellte Blutdrucktherapie hilft Organschäden an Herz (z. B. durch Herzinsuffizienz), Nieren (Nierenversagen) und Augen (Netzhautschäden) zu vermeiden.

Durch die Reduktion schwerwiegender Komplikationen können Patienten mit gut kontrolliertem Bluthochdruck folglich eine längere und gesündere Lebenszeit erwarten. Die Behandlung von Hypertonie ist also nicht nur präventiv, sondern auch lebensqualitätsfördernd. Die regelmäßige Einnahme von Medikamenten minimiert dieses Risiko erheblich.

Der optimale Zeitpunkt der Medikamenteneinnahme

Ein immer wieder diskutierter Punkt in der Therapie gegen Bluthochdruck ist der beste Zeitpunkt für die Einnahme der Medikamente. Sollte sie der Patient morgens oder abends einnehmen? Dieser Aspekt hängt von mehreren Faktoren ab, einschließlich der Art des Medikaments, der individuellen Blutdruckschwankungen und den neuesten Forschungserkenntnissen.

Der Blutdruck unterliegt natürlichen täglichen Schwankungen, dem sogenannten zirkadianen Rhythmus. Typischerweise sinkt der Blutdruck während des Schlafs („Dipping“-Effekt) und steigt am Morgen, kurz nach dem Aufwachen, deutlich an. Dieser morgendliche Anstieg des Blutdrucks ist besonders riskant, da das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle in den frühen Morgenstunden höher ist. Menschen, die nachts keinen deutlichen Blutdruckabfall („Non-Dipping“) erleben, haben ein höheres Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse. Für diese Patienten könnte eine abendliche Einnahme von blutdrucksenkenden Medikamenten vorteilhaft sein.

Dies unterstützen auch jüngere Studien, insbesondere die wegweisende HYGIA-Studie aus dem Jahr 2019. Sie zeigt, dass die Einnahme von antihypertensiven Medikamenten am Abend deutliche Vorteile bringen kann. In dieser Studie wurden Patienten in zwei Gruppen eingeteilt: eine Gruppe nahm die Medikamente morgens ein, die andere abends. Patienten, die ihre Medikamente abends einnahmen, hatten ein signifikant niedrigeres Risiko für Herz-Kreislauf-Ereignisse wie Herzinfarkte, Schlaganfälle und Herzinsuffizienz. Konkret sank das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse um fast 45 % bei den abendlichen Medikamentenanwendern. Ähnliche Befunde zeigte auch die MAPEC-Studie, wenngleich eine weitere wissenschaftliche Auseinandersetzung, die TIME-Studie, dies nicht zeigen konnte.

Auf dem European Society of Cardiology-Kongress in London wurde kürzlich die BedMed-Studie zu diesem Thema vorgestellt. 3.357 Hochdruckpatienten im Alter von 67 Jahren und 776 Patienten im Altersheim (im Durchschnitt 88 Jahre) mit Bluthochdruck über 4 bzw. 1,5 Jahre wurden randomisiert untersucht und zur morgendlichen beziehungsweise abendlichen Medikamentengabe nachbeobachtet. Heraus kam, dass die abendliche Medikamenteneinnahme keinen Vorteil ergab. Als die Autoren alle 46.000 Patienten aus den genannten vier Studien in einer Metaanalyse zusammenfassten, wurde dieses Ergebnis bestätigt, wenngleich die 19.000 Patienten der weniger hoch bewerteten HYGIA-Studie hierzu im Widerspruch stehen. Die Studienlage bleibt also auch weiterhin widersprüchlich.

Berücksichtigung des Medikamententyps

Nicht alle Blutdruckmedikamente haben die gleichen pharmakologischen Eigenschaften, weshalb der Zeitpunkt der Einnahme auch vom jeweiligen Wirkstoff abhängt:

Diuretika: Diese Medikamente werden typischerweise morgens eingenommen, um vermehrtes Wasserlassen in der Nacht zu vermeiden.

Beta-Blocker und ACE-Hemmer: Diese können je nach Präparat sowohl morgens als auch abends eingenommen werden, wobei eine abendliche Einnahme oft empfohlen wird, um nächtliche Blutdruckspitzen zu reduzieren.

Langwirksame Kalziumkanalblocker: Diese wirken über den ganzen Tag und haben flexible Einnahmezeiten.

Praktische Empfehlungen für Patienten

Konsistenz: Egal ob morgens oder abends, es ist entscheidend, die Blutdrucksenker regelmäßig zur gleichen Tageszeit einzunehmen, um eine konstante Wirkung zu gewährleisten.

Individuelle Beratung: Der Arzt sollte anhand von 24-Stunden-Blutdruckmessungen und individuellen Risikofaktoren entscheiden, ob eine Morgen- oder Abendmedikation besser geeignet ist.

Nebenwirkungen: Patienten, die unter Nebenwirkungen wie z. B. Schwindel oder Müdigkeit nach der Einnahme leiden, sollten die Einnahmezeit mit ihrem Arzt besprechen, um eventuelle Anpassungen vorzunehmen.

Fazit:

Somit lässt sich festhalten, die medikamentöse Blutdruckeinstellung ist ein essenzieller Bestandteil der Behandlung von Hypertonie und entscheidend, um schwere kardiovaskuläre Komplikationen zu verhindern. Der beste Zeitpunkt der Einnahme wird in der Forschung weiterhin kontrovers diskutiert. Am besten sollten Patienten sie so einnehmen, dass die Therapietreue langfristig gewährleistet ist.

Prof Manfred Zehender
Zur Person


Professor Dr. Manfred Zehender ist Ärztlicher Direktor der Max Grundig Klinik und einer der führenden Herzspezialisten in Deutschland.

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