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  • 13. März 2025
  • Prof. Dr. Manfred Zehender
Zeit für Ihre Gesundheit – mit Zehender

Warum Tiere selten einen Herzinfarkt bekommen

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Herzinfarkte gehören beim Menschen zu den häufigsten Todesursachen, während sie bei Tieren nur selten auftreten. So sterben Hunde am häufigsten an Krebs und Diabetes, Kaninchen an Hitzeschlag und Magen-Darm-Infekten, Ziegen an Parasiten insbesondere Darmwürmern, Flamingo meist an Pestiziden und Schwermetallen und Papageien eher an Niereninfektionen und Leberzirrhose als am Herzinfarkt.
Diese Diskrepanz lässt sich auf genetische Unterschiede, verschiedene Lebensstile, andere Ernährung und die unterschiedliche Beschaffenheit des Herz-Kreislauf-Systems von Menschen und Tier zurückführen. Ein zentraler genetischer Faktor ist, wie jetzt herausgefunden wurde, das CMAH-Gen, das beim Menschen nicht aktiv ist, aber bei vielen Tieren vorkommt. Es beeinflusst die Zuckerstrukturen auf den Zelloberflächen und könnte zur Erklärung beitragen, warum Tiere weniger anfällig für Herzinfarkte sind.

Unterschiede im Lebensstil und in der Ernährung

Der Lebensstil ist einer der größten Unterschiede zwischen Menschen und Tieren. Menschen haben oft eine sitzende Lebensweise, ernähren sich oft mit industriell hergestellten Lebensmitteln und sind chronischem Stress ausgesetzt. Wildlebende Tiere hingegen bewegen sich täglich viel, sind ständig in Bewegung, sei es durch die Jagd nach Nahrung oder das Verteidigen von Territorien. Regelmäßige Bewegung hält das Herz-Kreislauf-System gesund. Sie ernähren sich von natürlich vorfindbarer Nahrung, wodurch Tiere in freier Wildbahn artgerechte Nahrung zu sich nehmen, die wenig gesättigte Fette und Cholesterin enthält, was das Risiko von Arterienverkalkung senkt. Und: Wildtiere erleben zwar akuten Stress, etwa bei der Flucht vor Raubtieren, aber keinen chronischen Stress, der beim Menschen zu hohem Blutdruck und Herzproblemen führt.

Genetische Unterschiede: Das CMAH-Gen

Ein entscheidender Unterschied zwischen Menschen und Tieren ist nach neusten Untersuchungen genetischer Natur. Das CMAH-Gen, das bei vielen Tieren aktiv ist, spielt eine wichtige Rolle bei der Synthese von Neu5Gc, einem Zucker, der auf Zelloberflächen vorkommt. Beim Menschen ist dieses Gen inaktiv, was bedeutet, dass wir diesen Zucker nicht mehr produzieren können.

Das Fehlen von Neu5Gc im menschlichen Körper könnte mit der höheren Anfälligkeit für chronische Entzündungen und Atherosklerose in Verbindung stehen, da Neu5Gc entzündungshemmende Eigenschaften hat. Tiere, die Neu5Gc produzieren, könnten besser vor Entzündungen geschützt sein, was wiederum die Bildung von Plaques in den Arterien und damit Herzinfarkte verhindert.

Anatomische und physiologische Unterschiede

Neben genetischen Unterschieden gibt es auch anatomische Unterschiede, die Tiere vor Herzinfarkten schützen.

Gefäßsystem: Tiere haben oft flexiblere Arterienwände und einen effizienteren Lipidstoffwechsel, der Plaquebildung verhindert. Ihre Gefäße verengen sich somit seltener, was die Wahrscheinlichkeit eines Herzinfarkts ebenfalls deutlich reduziert.

Herz-Kreislauf-System: Die Durchblutung bei Tieren ist oft so gestaltet, dass das Herz auch bei teilweisen Verengungen ausreichend Sauerstoff erhält.

Evolutionärer Druck und Lebenserwartung

In der Evolution hatten Tiere, die anfällig für Herzkrankheiten waren, geringere Überlebenschancen. Die natürliche Selektion hat dafür gesorgt, dass nur die widerstandsfähigsten Tiere mit starkem Herz-Kreislauf-System überleben und sich fortpflanzen können. Der Mensch hingegen hat durch medizinische Fortschritte seine Lebensspanne verlängert, was wiederum das Risiko für altersbedingte Erkrankungen wie beispielsweise die Atherosklerose erhöht.

Haustiere und Herzkrankheiten

Domestizierte Tiere wie Hunde und Katzen können ähnliche Herzprobleme wie Menschen entwickeln, vor allem, wenn sie wenig Bewegung und eine ungesunde Ernährung haben. Dennoch bleiben Herzinfarkte selbst bei diesen Tieren selten, da ihre Biologie sie besser vor Atherosklerose schützt.

Es lässt sich festhalten: Tiere in freier Wildbahn bekommen seltener Herzinfarkte als Menschen, weil sie eine artgerechte Lebensweise, bessere genetische Schutzmechanismen und weniger chronischen Stress haben. Besonders das CMAH-Gen und der damit verbundene Zucker (Neu5Gc) scheinen eine wichtige Rolle dabei zu spielen, da sie beide die Tiere vor Entzündungen und Arterienverkalkung schützen. Diese genetischen und physiologischen Unterschiede helfen den Tieren, selbst unter vergleichbaren Bedingungen wie beim Menschen, selten einen Herzinfarkt zu erleiden.


Prof Manfred Zehender
Zur Person


Professor Dr. Manfred Zehender ist Ärztlicher Direktor der Max Grundig Klinik und einer der führenden Herzspezialisten in Deutschland.

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