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Zeit für Ihre Gesundheit – mit Zehender

Wie Ihr Herz gut durch die Europameisterschaft kommt

Als Mediziner betrachte ich große sportliche Ereignisse wie die anstehende Fußball-EM durchaus mit einem gemischten Gefühl. Einerseits freue ich mich, dieses Highlight bei uns zu haben, die Begeisterung im Land zu spüren und sich von spannenden Spielen mitreißen zu lassen. Andererseits bringt ein solches Ereignis auch Herausforderungen in Bezug auf die Gesundheit der Fans mit sich. Wir sehen oft eine Zunahme von Herzproblemen während großer Sportereignisse, sei es aufgrund von emotionaler Anspannung, übermäßigem Alkoholkonsum oder anderer Faktoren. Es ist daher wichtig, dass wir uns auf mögliche Risiken vorbereiten und über gesunde Verhaltensweisen informieren. Fans, insbesondere mit Herzvorerkrankungen, sollten auf Warnsignale des Körpers während der aufregenden EM-Zeit achten.

Studienlage

In einer Analyse von 13 Studien der FIFA-Weltmeisterschaften und UEFA-Europameisterschaften zeigte sich, dass in 6 Studien die nicht-tödlichen und in weiteren 6 Studien auch die tödlichen Herzattacken während der Fußballspiele bei den Fans deutlich zunahmen. Zwei Studien fanden, dass ein geringeres Risiko für tödliche Herzattacken bestand, wenn die "eigene" Mannschaft gewann. Einer Ge-fahr sind vor allem auch Fans ausgesetzt, bei denen Herz-Kreislauferkrankungen bestehen. Bei diesem Personenkreis erhöht sich das Risiko, während einer WM oder einer EM notfallmäßig in einer Klinik behandelt werden zu müssen, um mehr als das Vierfache.

Die Ursachen

Es sind die Emotionen, die das Herzinfarktrisiko erhöhen. Freude, Aufregung, Anspannung, Begeisterung und Enttäuschung. Oft kochen die Gefühle bei umstrittenen Schiedsrichterentscheidungen oder einem knapp und unglücklich verlorenen Spiel besonders hoch, gerade in der K.O.-Runde oder wenn das Spiel national auf-geladen ist. Denken wir nur an die Spiele zwischen Deutschland und den Nieder-landen, das ist für viele Zuschauer Stress pur für die Seele, vor allem aber für das Herz-Kreislauf-System, und das über 90, 120 Minuten. Und dann folgt gelegentlich noch das Elfmeter-Schießen. Eine Untersuchung zeigt, dass Fans während eines Spiels eine 64prozentig höhere Herzfrequenz aufweisen als im normalen, entspannten Zustand. Bei einem Elfmeter geht dann die Herzfrequenz nochmals nach oben – was eine enorme Belastung für das Herz-Kreislauf-System darstellen kann. Ein gesundes Herz verkraftet das gut, aber nicht jedes Herz ist gesund. Nicht jeder Fußballfan ist im jugendlichen Alter und so manch einer lebt seit vielen Jahren mit Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Rauchen, Übergewicht sowie Zucker- und Fettstoffwechselerkrankungen.

Ein frühes Führungstor und dann ein kontinuierlicher Ausbau der Führung, davon träumt nicht nur jeder Fan, sondern auch sein Herz und vor allem der Mediziner in der Notaufnahme.

Auch sollte man bei älteren Menschen daran denken, dass oft ein nicht ausreichend bekanntes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen besteht und sie anfälliger sind für die Auswirkungen von Stress und körperliche Belastungen. Personen mit Vorerkrankungen beziehungsweise ältere besonders emotionale Fußballfans sollten im Vorfeld der EM überlegen, ob sie nicht Rücksprache mit ihrem Arzt halten, Medikation und Therapieplan überprüfen lassen und so an die aktuelle Gesundheitssituation anpassen.

Wie sich Fans und Herzpatienten auf aufregende Fußballspiele vorbereiten können

Das Wichtigste ist wohl, bei möglichst vielen Menschen ein Bewusstsein zu schaffen, dass Fußball - obwohl die schönste Nebensache der Welt – bei entsprechenden Vorerkrankungen und/oder Disposition Risiken für die Herzgesundheit bergen kann.

Für Herzpatienten kann es lebensrettend sein, sich auf spannende Fußballspiele gut vorzubereiten. Dazu können einige Tipps helfen:

1.            Konsultation mit dem Arzt: Herzpatienten sollten vor der EM ihren Arzt konsultieren und ihre individuellen Gesundheitsrisiken besprechen (siehe oben).

2.            Anspannung und Stress reduzieren, Entspannungsübungen, Atemübungen, Meditation, aber auch schon allein den Ton am TV zu reduzieren oder in der Pause den Grill anwerfen können helfen.

3.            Alkohol während des Spiels in Maßen konsumieren oder ganz darauf verzichten und während des Spiels gesunde Snacks und Getränke bevorzugen, den Konsum von salzigen, fettigen oder zuckerhaltigen Lebensmitteln meiden.

4.            Mit der Familie oder Freunden in geeigneter Umgebung die EM genießen (statt Public Viewing) und in den Pausen leichte körperliche Aktivitäten durchführen wie etwa kurze Spaziergänge und Dehnübungen.

5.            Vor allem darauf achten, Warnzeichen wie Brustschmerzen, Atemnot, Schwindel oder unregelmäßigen Herzschlag während des Spiels zu erkennen. Im Falle von solchen Symptomen sofort medizinische Hilfe in Anspruch nehmen.

Wer auf sein Herz Rücksicht nimmt, kann sich um so unbeschwerter auf schöne und erfolgreiche EM-Spiele freuen.

Prof Manfred Zehender
Zur Person


Professor Dr. Manfred Zehender ist Ärztlicher Direktor der Max Grundig Klinik und einer der führenden Herzspezialisten in Deutschland.

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