Wie Wut das Risiko für einen Herzinfarkt erhöht kinkate auf Pixabay
  • 12. November 2024
  • Prof. Dr. Manfred Zehender
Zeit für Ihre Gesundheit – mit Zehender

Wie Wut das Risiko für einen Herzinfarkt erhöht

Rate this item
(0 votes)
Wut ist eine starke Emotion, die jeder Mensch in seinem Leben hin und wieder erlebt. Doch neben den psychischen Auswirkungen hat Wut auch spürbare körperliche Konsequenzen – besonders für das Herz. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass plötzliche, heftige Wut das Risiko für Herzinfarkte und andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen signifikant erhöhen kann. Aber warum ist das so und was passiert im Körper, wenn wir wütend sind?
Wenn wir wütend sind, setzt unser Körper eine Reihe von Stresshormonen wie Adrenalin und Cortisol frei. Diese Hormone sind Teil der „Kampf-oder-Flucht“-Reaktion, die den Körper auf eine vermeintliche Bedrohung vorbereiten. In diesem Zustand passieren mehrere Veränderungen:

Erhöhung des Blutdrucks: Wut führt zu einem schnellen Anstieg des Blutdrucks. Hoher Blutdruck belastet das Herz und die Blutgefäße, was zu einer Überlastung des Herz-Kreislauf-Systems führen kann.

Beschleunigter Herzschlag: Die Herzfrequenz steigt, da das Herz schneller pumpen muss, um mehr Sauerstoff und Energie in die Muskeln zu transportieren. Dies kann besonders gefährlich sein, wenn bereits Vorerkrankungen wie Atherosklerose oder Bluthochdruck bestehen.

Verengung der Blutgefäße: Die Blutgefäße ziehen sich zusammen, was den Blutfluss erschwert. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Plaques, die sich an den Gefäßwänden abgelagert haben, aufbrechen und einen Herzinfarkt oder Schlaganfall auslösen. Scheinbar wird dabei besonders im Frühstadium die Schutzfunktion der Gefäßinnenhaut nachhaltig beeinträchtigt, was in der Folge die vorgenannte Schädigungskaskade begünstigt.

Studien zu Wut und Herzinfarkt

Mehrere wissenschaftliche Untersuchungen haben den Zusammenhang zwischen Wut und einem erhöhten Herzinfarkt-Risiko bestätigt. Eine oft zitierte Studie aus dem Jahr 2014, veröffentlicht im „European Heart Journal“, zeigte, dass das Risiko für einen Herzinfarkt innerhalb von zwei Stunden nach einem Wutanfall fünfmal höher ist als unter normalen Umständen.

Die Studie fand auch heraus, dass die Gefahr besonders groß bei Menschen ist, die bereits Risikofaktoren wie hohen Blutdruck, Diabetes mellitus oder eine Vorgeschichte von Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben. Für sie kann ein Wutanfall eine bereits instabile Situation eskalieren lassen und ein akutes Ereignis, wie einen Herzinfarkt oder Schlaganfall, auslösen.

Forscher in New York haben nun kürzlich ein spannendes Experiment gemacht. Probanden wurden in vier Stimmungsgruppen unterteilt: Gruppe 1 sollte sich an eine Situation erinnern, in der sie sehr wütend waren, Gruppe 2 an eine Situation mit starker Angst, Gruppe 3 an eine traurige Situation und Gruppe 4 sollte an eine neutrale Stimmung denken. Wenn Probanden dann von 1 bis 100 zählten, zeigte sich, dass acht Minuten an Wut zu denken dazu führte, dass die Innenhaut der Gefäße an der Hand in ihrer Schutzfunktion gegenüber schwankendem und hohem Blutdruck für weitere 40 Minuten messbar reduziert waren. Das ist eine extrem starke Reaktion.

Warum erhöht Wut das Risiko so stark?

Das Problem liegt nicht nur in der körperlichen Reaktion auf Wut, sondern auch in den langfristigen Auswirkungen. Menschen, die oft und intensiv wütend sind, setzen ihren Körper chronischem Stress aus. Chronischer Stress führt dazu, dass der Blutdruck dauerhaft erhöht ist, die Blutgefäße ständig verengt bleiben und das Risiko für die Bildung von Blutgerinnseln steigt.

Auch das Risiko für Herzrhythmusstörungen (Arrhythmien) ist bei Menschen, die häufig Wut erleben, erhöht. Diese Arrhythmien können das Herz zusätzlich belasten und das Risiko für schwerwiegende Herzprobleme, wie einen plötzlichen Herztod (PHT), steigern.

Maßnahmen zur Reduzierung des Risikos

Um das Herzinfarkt-Risiko zu senken, ist es wichtig, Strategien zum Umgang mit Wut und Stress zu entwickeln. Einige wirksame Methoden sind:

Atemtechniken:ATiefe Atemübungen können dabei helfen, den Herzschlag im Rahmen eines Wutanfalls zu verlangsamen und den Blutdruck zu senken.

Regelmäßige körperliche Aktivität: Sport reduziert Stresshormone und stärkt das Herz-Kreislauf-System.

Meditation und Achtsamkeit: Diese Techniken helfen, die Kontrolle über Emotionen zu behalten und Stress grundsätzlich abzubauen.

Psychologische Unterstützung: In einigen Fällen kann eine Therapie hilfreich sein, um Wege zu finden, mit chronischer Wut umzugehen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, Wut kann das Herzinfarkt-Risiko deutlich erhöhen, insbesondere bei Menschen mit bestehenden Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die Freisetzung von Stresshormonen und die körperliche Reaktion auf Wut belasten das Herz und insbesondere die Gefäße erheblich. Langfristig kann chronische Wut zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen führen. Daher ist es entscheidend, Strategien zur Stressbewältigung und Emotionskontrolle zu entwickeln, um das Herz zu schützen und das allgemeine Wohlbefinden zu verbessern. Das Motto: „Komm mal runter“ aus der früheren HB-Zigarettenwerbung ist im Ansatz bis heute richtig, aber wir wissen inzwischen auch, dass es dabei keinesfalls eine Zigarette sein sollte. Insofern haben wir inzwischen doppelt gelernt.
Prof Manfred Zehender
Zur Person


Professor Dr. Manfred Zehender ist Ärztlicher Direktor der Max Grundig Klinik und einer der führenden Herzspezialisten in Deutschland.

Formularende
 

Die Redaktion empfiehlt

  • 1
  • 2
  • 3