Starre Arbeitsstrukturen und streng hierarchische Ordnungen sind beispielsweise in absehbarer Zeit wohl nicht mehr vorhanden. Dies hängt mit den modernen Kommunikationstechnologien und neuen Arbeitsformen zusammen.
Professor Karlheinz Sonntag, Leiter der Abteilung Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Heidelberg, denkt, dass besonders die heute 35- bis 50-Jährigen durch diese Veränderungen gefordert sind. Denn diejenigen, die in den Unternehmen im mittleren Management arbeiten, werden dann sowohl Betroffene als auch Gestalter sein.
Die jüngere Generation wird Sonntags Meinung zufolge immer häufiger an chronischem Stress und Erschöpfungszuständen leiden. Das liegt daran, dass die Anforderungen und Belastungsmuster im Arbeitsleben immer komplexer werden.
Die ständige Erreichbarkeit via E-Mail, Social-Media-Plattformen, Telefon und SMS verursacht weiteren Stress. Die Informationsmenge ist inzwischen so groß, dass sie kaum noch angemessen verarbeitet werden kann. So baut sich ein zunehmender Leistungsdruck auf.
Stress kann zu Herzinfarkt und Schlaganfall führen
Doch nicht nur im Arbeitsleben gibt es Stressauslöser. Auch bei Staus auf der Autobahn, Freizeitproblemen, Familienärger oder langen Schlangen im Supermarkt fühlen sich die meisten Menschen schnell gestresst. Zeit, in der man seine Akkus wieder aufladen kann, gibt es heutzutage nur selten.Gesundheitsreporte der Krankenkassen unterstreichen Sonntags Annahme, dass die Zahl der Stresserkrankungen zunehmen wird. So ist dort bereits von der kontinuierlichen Steigerung psychischer Erkrankungen als Ursache arbeitsbedingter Fehlzeiten zu lesen.
Zu dem gleichen Ergebnis kommt der Stressreport 2012 der Bundesagentur für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), der eine Zunahme psychischer Belastungen am Arbeitsplatz feststellte. Ursachen dafür sind in der Regel Arbeitsverdichtung und Zeitdruck.
Hält die Belastung über einen längeren Zeitraum an, erhöht sich der Cortisol-Spiegel im Körper dauerhaft. Laut Hormonexperten wirkt dies auf Dauer wie ein Zellgift, das die Gefäße schädigt und im schlimmsten Fall zu Herzinfarkt und Schlaganfall führen kann.
Tipps zur Stressreduzierung
Trifft Stress auf Bewegungsmangel und Fehl- oder Überernährung, steigt das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen weiter an. So erhöht sich das Risiko für Herzinfarkt bei psychosozialem Stress um den Faktor 2,6, erklärt Professor Dietrich Baumgart vom Preventicum in Essen. Damit liegt es höher als bei Diabetiker und Bluthochdruckpatienten.Ein Allheilmittel gegen Stress gibt es nicht. Auf die Signale des Körpers achten und ungelöste innere Konflikte wahrnehmen, hilft laut Baumgart aber. Auch eine deutliche Trennung von Arbeit und Privatleben wirkt sich positiv auf die gesundheitliche Verfassung aus und verhindert Erschöpfungszustände.
Sonntag betont, dass Erholung nur möglich ist, wenn eine Distanz zur Arbeit besteht. Daher achten verantwortungsvolle Führungskräfte darauf, dass die Distanz zwischen beiden Lebenswelten aufrechterhalten bleibt. Am Arbeitsplatz reduzieren positives Denken, eine regelmäßig geführte To-do-Liste und ein aufgeräumter Schreibtisch den Stress.
Feste Rituale helfen gegen Stress
Des Weiteren sind Übungen wie autogenes Training, progressive Muskelentspannung, Yoga oder Mediation zu empfehlen. Eine gesunde und vollwertige Ernährung, ausreichend Bewegung und Schlaf sowie eine bewusste Freizeitgestaltung helfen ebenfalls, mit stressigen Situationen besser umgehen zu können.Wenn möglich, sollte man zusätzlich das Handy für eine bestimmte Zeit abstellen oder am Wochenende den Computer einfach einmal auslassen. Denn das sorgt für eine kurze Auszeit und für ein entspannteres Verhältnis zu den modernen Kommunikationsmedien.
Neben einer stabilen Partnerschaft, erfüllende Hobbys und sozialen Kontakten sind feste Rituale nicht zu unterschätzen, wenn es um Stressreduzierung geht. Das Telefon immer erst nach dem dritten Klingeln abnehmen und zuvor lächeln sowie eine aufrechte Haltung einnehmen, kann beispielsweise Stress entgegenwirken.