Sieht man sich die Liste der Berge an, auf denen Stephan Keck schon war, drängt sich einem schnell der Gedanke auf, dass dieser Mann alleine mit den bisher überwundenen Höhenmetern schon mehr als einmal die Welt umrundet hat. Allzu häufig treibt ihn das Fernweh in die Welt hinaus, er ist gierig nach Freiheit und Abenteuer. Bemerkenswert an Stephan ist aber: Oftmals kommt seine Familie sogar mit auf seine Abenteuerreisen. Wie der zweifache Vater den Spagat zwischen dem extremen und manchmal auch lebensgefährlichen Dasein als Bergsteiger und dem abenteuerlichen Familienleben schafft ist auch im kürzlich erschienenen Buch „Solo mit Familie“ (www.solo-mit-familie.de) nachzulesen. Wie er uns hier verriet, nahm er für dieses Leben aber auch schon so manch schlimme Verletzung in Kauf…
GesünderNet: Deine kurioseste Verletzung war…
Stephan Keck: An meiner kuriosesten Verletzung hatte ich selbst schuld. Es handelte sich um einen Infarkt im Auge. Es passierte bei meinem Versuch, den Mount Everest Solo zu besteigen, im letzten Höhenlager dort, unmittelbar vor der Gipfeletappe. Ich hatte selbst keine Ahnung, dass es so etwas gibt und als es soweit war, wusste ich auch überhaupt nicht, was los war. Ich hatte so etwas wie Kaffeesatz vor meinem Auge. Kleine, schwarze Pünktchen, die dort umher tanzten. Als Bergsteiger weiß ich natürlich, dass ich in enormer Höhe sehr viel trinken muss, das hatte ich aber aufgrund meiner totalen Erschöpfung am Vorabend versäumt. Ein blöder Fehler, der eine tagelange Verunsicherung in mir verursachte, ob sich das Auge überhaupt wieder erholen würde.
GesünderNet: Wie viele Verletzungen hast Du überhaupt schon gehabt?
Stephan Keck: Zählen kann ich sie beim besten Willen nicht. Ich hatte schon mehrere Abstürze. Mechanische Verletzungen als Folge solcher Stürze, sei es beim Skifahren oder beim Klettern, hatte ich von Kindesbeinen an. Als kleines Kind bin ich schon von der Garage gefallen, weil ich meinte, einem Papierflieger nachfliegen zu müssen, den ich geworfen hatte. Das steigerte sich über ausgebrochene Felstürme, die mir den Oberschenkel abquetschten, bis hin zu einem durchgeschnittenen Ohr. Damals fiel ich so auf den Ski, dass die scharfe Kannte mein Ohr von oben nach unten fast komplett teilte. Dazu Löcher im Kopf, Platzwunden, gerissene Bänder. Eigentlich war alles dabei.
GesünderNet: Deine seltsamste Begegnung mit einem Arzt?
Stephan Keck: Das fand mit einer Ärztin in Peru statt. Ich war dort gemeinsam mit meinem langjährigen Seilpartner und Freund Paul Gürtler zum Klettern unterwegs. Wir unternahmen einige schwierige Klettertouren, zuletzt eine Skibesteigung des Tocllaraju (6034 Meter, d. Red.). Es herrschte ein extremer Schneesturm und im Abstieg hatte ich bereits schwere Lungenschmerzen. Als wir wieder in der Provinzstadt Huaraz ankamen, suchte ich sofort ein Krankenhaus auf, war da aber bereits wie weggetreten. Ich nahm meine Halskette ab und gab sie Paul, damit er sie mit nach Hause zu meiner Frau nehmen könnte. Ich dachte, ich komme da nicht mehr raus. Doch dann kam eine äußerst dicke Ärztin mit einer ähnlich dicken Spritze in mein Zimmer, deren Inhalt sie mir in den Hintern injizierte. Am nächsten Tag frühstückte ich bei strahlendem Sonnenschein auf der Terrasse des Krankenhauses. Das war mein kuriosestes Erlebnis dieser Art, ich weiß nämlich bis heute nicht, was sie mir gegen meine Lungenentzündung gegeben hat.
GesünderNet: Schon mal alternative Heilmethoden ausprobiert? Wenn ja welche und wie haben sie gewirkt?
Stephan Keck: Eigentlich glaube ich nicht daran. Kügelchen, Handauflegen…eine Sache gibt es jedoch, die ich als äußerst faszinierend empfinde. Ich hatte einmal einen eingeklemmten Nerv in der Wirbelsäule gehabt, so, dass sogar Teile meiner linken Hand zweitweise ohne Gefühl waren. Ein Masseur hier bei uns in Schwaz (Tirol, d. Red.) kennt sich gut in Sachen Kinesiologie aus. Ihn suchte ich mit diesem Problem auf woraufhin er mich um den ersten Halswirbel herum, den Atlas, massierte. Die Schmerzen und das Taubheitsgefühl verschwanden sofort. Kurioserweise sagte er mir dann aber auch noch, wie und wann ich mir diese Verletzung zugezogen hatte: „Vor etwa 10 Jahren bist Du wohl einmal schwer auf den Brustkorb gestürzt“. Das stimmte, seitdem hatte ich diese Probleme.
GesünderNet: Der beste Heilungsprozess, den Du an Dir erlebt hast…
Stephan Keck: Verletzungen heilen bei mir allgemein sehr schnell, da habe ich Glück. Letztes Jahr war ich dann allerdings selbst überrascht. Drei Tage nach meiner OP am Sprunggelenk, bei der mein gesamter Bandapparat wieder zusammengeflickt werden musste – die Bänder waren nicht mehr da, nur noch die Vertiefungen im Knochen und auch vom Knorpel im Gelenk war nur mehr 10 Prozent übrig – fuhr ich auf dem Fahrrad bereits wieder eine Distanz von 150 Kilometer. Jetzt bei der Nachuntersuchung stellte sich heraus, dass dieser Fuß inzwischen sogar stabiler ist, als der eigentlich gesunde.
GesünderNet: Wie hilfst Du Dir bei Nervosität und in heiklen oder gefährlichen Situationen?
Stephan Keck: Wenn es brenzlig wird, werde ich meistens sehr still und sehr schnell. Einfach, um konzentriert und möglichst schnell wieder aus der Bredouille herauszukommen.
GesünderNet: Was glaubst Du hat Dir Dein Sport an körperlichen und seelischen Fähigkeiten gebracht?
Stephan Keck: Ruhe und Ausgeglichenheit – wobei meine Frau sicherlich herzhaft lachen wird, wenn sie das jetzt liest. Nein, Spaß bei Seite. In nicht alltäglichen oder gefährlichen Situationen bin ich die Ruhe in Person, versuche zunächst zu analysieren was los ist, um dann richtig zu handeln. Kleinigkeiten, wie auf der Autobahn geblitzt zu werden, bringen mich da schon mehr aus dem Konzept.
GesünderNet: Die extremste Situation, in die Dich Dein Sport gebracht hat…
Stephan Keck: …war der Versuch der Solo-Begehung des Mount Everest, die ich aufgrund des Infarktes im Auge kurz vor dem Ziel abbrechen musste. Das wurde mir aber erst im Nachhinein bewusst, wie grenzwertig das war. Ich hatte diese Punkte vorm Auge, dazu habe ich halluziniert. Man ist zwar beileibe nicht allein an diesem Berg, allein schon aufgrund der störenden Massen von Bergtouristen dort, aber im Fall der Fälle kann es einem schon passieren, dass einem keiner hilft. Insofern war dieses Solo-Besteigungs-Idee etwas übermütig.
GesünderNet: Triffst Du besondere gesundheitliche Vorsorgemaßnahmen?
Stephan Keck: Ich gehe seit neuestem zum Zahnarzt bevor ich auf Expedition gehe. Sonst nichts. Ich habe einfach gemerkt, wie sehr die Zähne in großer Höhe schmerzen können. Am Everest damals dachte ich, ich hätte Ohrenschmerzen, dabei war es ein Zahn, den ich mir beim Versuch eine Cola-Flasche mit den Zähnen aufzumachen, abgebrochen hatte. Seither besuche ich eben den Zahnarzt. Einmal habe ich auch einen gründlichen Check machen lassen. Auch, um bei der Versicherung zu sparen. Mein Hausarzt hat mir dann aber erklärt, dass ich bis zum Sommer 10 Kilo abnehmen müsste, damit meine Beiträge niedriger würden. Das empfand ich als so lächerlich, dass ich das seitdem lasse.
GesünderNet: Wo siehst Du den größten körperlichen Verschleiß in Bezug auf Deinen Sport?
StephanKeck: Wenn ich bedenke, was ich schon alles mit meinem Körper angestellt habe und dass ich von der Distanz her die Welt wahrscheinlich schon zu Fuß umrundet habe, kann ich mich über Verschleiß eigentlich nicht beklagen. Die gesundheitlichen Probleme, die ich habe, rühren vielmehr daher, dass ich nie eine längere Pause zur Erholung eingelegt habe. Auch nach schweren Verletzungen nicht. Daher war auch die Sprunggelenks-Operation notwendig geworden. Ansonsten habe ich keinen Verschleiß, weder Probleme mit den Knien, noch mit dem Kreutz.
GesünderNet: Hast Du einen besonderen Gesundheitstipp für Sportkollegen?
Stephan Keck: Als mentalen Tipp: Wenn man gestürzt ist sollte man schnellstmöglich wieder aufstehen und weitergehen. Gesundheitstipps kann ich mit meinem Lebenswandel aber beim besten Willen keine geben (lacht).
Mehr über Stephans Abenteuer erfahrt Ihr in seinem Buch...