Testosteron – ein niedriger Testosteronspiegel birgt ein erhöhtes Sterberisiko thinkstockphotos.com

Testosteron – ein niedriger Testosteronspiegel birgt ein erhöhtes Sterberisiko

Es gibt Hinweise darauf, dass ein niedriger Testosteronspiegel das Sterberisiko erhöht. Warum das Hormon gerade für Männer so wichtig ist und welche Folgen bei einem Mangel auftreten können, erklärt Prof. Dr. med. Curt Diehm in seinem Gastbeitrag.
Testosteron ist ein Schlüsselstoff insbesondere für Männer. Männer mit niedrigem Testosteronspiegel sterben im Schnitt früher als jene mit normalem Serum-Testosteron. Dies gilt insbesondere für Männer, bei denen bereits eine manifeste Erkrankung der Herzkranzgefäße (koronare Herzerkrankung) nachgewiesen worden ist. In einer entsprechenden Studie wurden 930 Männer mit bekannter koronarer Herzerkrankung untersucht, die in den Jahren 2000 bis 2002 einer Röntgenkontrastdarstellung der Koronargefäße unterzogen wurden. In einem Zeitraum von sieben Jahren wurden alle Todesfälle erfasst und die Studie wurde in Abhängigkeit von den Testosteronwerten der Personen analysiert. Wenn ein Testosteronmangel vorlag (bioverfügbares Testosteron <2,6 nmol/l oder ein Gesamt-Testosteron < 8,1 nmol/l), war die Sterblichkeit am Ende der Beobachtungszeit doppelt so hoch wie in der Subgruppe mit normalem Testosteronspiegel. Innerhalb von sieben Jahren lag die Sterblichkeit bei der Patientengruppe mit niedrigem Testosteronspiegel bei 21 Prozent versus 12 Prozent bei Patienten mit normalem Testosteronspiegel.

Noch nicht wurde untersucht, ob die Substitution von Testosteron bei Patienten mit bekannter koronarer Herzerkrankung tatsächlich von therapeutischem Nutzen ist.

Wann braucht der Mann Testosteron?

Bekanntermaßen geht ab dem 40. Lebensjahr die Produktion des Testosterons im Hoden des Mannes um etwa 1 Prozent pro Jahr zurück. Dies kann dann zu klinischen Krankheitszeichen führen. Typische Begleiterscheinungen eines Testosteronmangels beim Mann sind:

• Schwitzen/Hitzewallungen
• Müdigkeit
• Schlafstörungen
• Libidoverlust
• Erektile Dysfunktion
• Weniger Haare
• Größere Brüste
• Depression durch Muskelschwäche
• Erhöhte Neigung zum metabolischen Syndrom
• Osteoporose

Wie wird ein Testosteron-Mangel diagnostiziert?

Es sollten zwei unabhängige Bestimmungen von Blutwerten in den Vormittagsstunden zwischen 8:00 Uhr und 10:00 Uhr vorgenommen werden. Die untere Grenze der Norm liegt heute gemäß einem internationalen Konsens bei 12 nmol/L. Die Grenze für eine zwingende Therapieindikation wird meist mit 8 nmol/L angegeben. Dazwischen gibt es eine Grauzone, die individuell behandelt werden sollte.

Wir kann man Testosteron-Mangel behandeln?

Prinzipiell ist eine orale Tablettentherapie möglich. Ferner eine perkutane Therapie mit Gel oder einer intramuskuläre Injektionsbehandlung. Pflaster werden heute kaum mehr eingesetzt. Favorisiert werden Gel-Applikationen. Dabei reichen 5-10 g Gel täglich aus, um physiologisch normale Testosteronspiegel zu erreichen. Zur Substitutionsbehandlung wird natürliches Testosteron empfohlen.

Führt Testosteronsubstitution zu Prostatakrebs?

Diese Sorge ist unbegründet. Es gibt bis zum heutigen Tag weltweit keine einzige Studie, die beweisen würde, dass eine Testosteron-Substitutionstherapie im normalen physiologischen Bereich für ein erhöhtes Prostata-Karzinom-Risiko verantwortlich ist. Experten vertreten die Auffassung, dass das medikamentös substituierte Testosteron in der Prostata nicht ankommt - im Unterschied zu dem in den Hoden produzierten Testosteron. Zur Sicherheit empfiehlt sich aber doch eine regelmäßige PSA-Kontrolle sowie generell eine urologische Kontrolle der Prostata und eine Ultraschalluntersuchung. Auch der PSA-Wert ändert sich durch eine Testogeltherapie nicht, weder bei jungen noch bei älteren Patienten. Aber: Es gibt keinen Zweifel daran, dass das Wachstum und die Symptomentwicklung bei bereits bestehenden Karzinomen beschleunigt werden kann. Bei bereits bestehendem Prostatakarzinom ist also Vorsicht geboten.

Testosteron macht ehrlich und fördert soziales Verhalten

Das männliche Hormon Testosteron stand immer im Ruf, Aggressionen und Imponiergehabe zu steigern. Völlig überraschend konnten Neurowissenschaftler zeigen, dass Testosteron soziales Verhalten fördert. In Testanordnungen führten hohe Testosteronwerte unter anderem dazu, dass Probanden weniger logen. Offenbar steigert Testosteron auch den Stolz und das Bedürfnis nach einem positiven Selbstbild.

Zum Autor

Prof. Dr. med. Curt Diehm zählt zu den führenden Medizinern im Südwesten Deutschlands, er ist Autor zahlreicher Fach- und Patientenbücher und langjähriger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gefäßmedizin. Seit Mitte 2014 leitet er als Ärztlicher Direktor die renommierte Max Grundig Klinik in Bühl. Alle Beiträge dieser Serie zum Nachlesen unter www.max-grundig-klinik.de.

Hier finden Sie alle Beiträge der Serie Gesund mit Diehm
 

Die Redaktion empfiehlt

  • 1
  • 2
  • 3