Krebs – Mehr Betreuung, weniger Stigmatisierung fernando zhiminaicela auf Pixabay
Gesund mit Diehm

Krebs – Mehr Betreuung, weniger Stigmatisierung

Krebs zählt nach wie vor zu den großen Geißeln der Menschheit. Zwei aktuelle Studien verdeutlichen, wie stark Krebskranke auch psychisch unter der Diagnose leiden. Informationen rund um den menschlichen Körper und die Gesundheit – erklärt von Prof. Dr. Curt Diehm.
Jedes Jahr erkranken in Deutschland fast eine halbe Million Menschen an Krebs. Mit der zunehmenden Alterung der Bevölkerung steigt diese Zahl kontinuierlich an. Zu den häufigsten Krebsdiagnosen zählen dabei bei Frauen Brustkrebs, bei Männern Prostatakrebs, sowie geschlechterübergreifend Darmkrebs und Lungenkrebs. Über 200.000 Menschen sterben jährlich an einer Krebserkrankung.

Über die Ursachen, die Vorsorgemöglichkeiten und Heilungschancen bei rechtzeitiger Erkennung habe ich an dieser Stelle schon mehrfach berichtet. Dieses Mal geht es vielmehr um die psychische Belastung, die eine Krebs-Diagnose für die Betroffenen bedeutet. Dazu zwei aktuelle, hoch interessante Studien.

Lebenslange Stigmatisierung

Die Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs (DSJFEMK) hat diesbezüglich untersucht, dass viele Menschen nach einer überstandenen Krebserkrankung unter einer jahre- teilweise lebenslangen Stigmatisierung leiden. Auch nach vielen Jahren, so die Stiftung, hätten viele erfolgreich Geheilte immer noch Probleme bei der Aufnahme von Krediten, dem Abschluss von Versicherungen oder der Verbeamtung.
Dies gehe zusätzlich zu der bereits bestehenden psychischen Belastung oftmals auch mit wirtschaftlichen Nachteilen einher, die wiederum die psychische Belastung verstärken. Die Stiftung fordert darum ein – wie sie es nennt – „Recht auf Vergessen“ und verweist diesbezüglich auf entsprechende Gesetzesinitiativen in anderen europäischen Ländern.

Erhöhte Suizidgefahr

Noch viel stärker betroffen gemacht hat mich eine weitere aktuelle Untersuchung des Universitätsklinikums Heidelberg und der Universität Regensburg. Das interdisziplinäre Team hatte die Daten von knapp 47 Millionen Krebspatienten aus Industrienationen analysiert und dabei erschreckender Weise herausgefunden: Suizide kommen bei Krebspatienten fast doppelt so häufig vor wie in der Allgemeinbevölkerung.
Besonders häufig kamen die Suizide bei Patientinnen und Patienten mit einer besonders ungünstigen Krebserkrankung vor. Auch der Familienstand spielte eine Rolle, denn verheiratete Krebspatienten begingen seltener Suizid als unverheiratete.

Als Gründe konnte das Forscher-Team unter anderem auch die Angst der Menschen vor Siechtum und Schmerzen identifizieren.

Als Resultat fordern sie darum einerseits eine deutlich bessere Aufklärung über die Möglichkeiten der modernen Palliativmedizin, die strikt darauf ausgerichtet ist, Symptome zu lindern und Leiden zu ersparen. Andererseits aber auch eine verstärkte psychologische Begleitung der Patientinnen und Patienten.

Dem kann ich mich nur anschließen. Krebs ist eine schreckliche Diagnose. Aber heute verfügt die moderne Medizin über sehr viele Möglichkeiten, Krebs teilweise sogar zu heilen, seine Ausbreitung aufzuhalten und den Betroffenen so ein weiterhin lebenswertes Leben oder – im Endstadium – eine Ende ohne Schmerzen zu ermöglichen.

Zur Person

Prof. Dr. med. Curt Diehm zählt zu den führenden Medizinern im Südwesten Deutschlands, er ist Autor zahlreicher Fach- und Patientenbücher und langjähriger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gefäßmedizin. Seit Mitte 2014 leitet er als Ärztlicher Direktor die renommierte Max Grundig Klinik in Bühl. Alle Beiträge dieser Serie zum Nachlesen unter www.max-grundig-klinik.de.