Stressfrei-Special: Die Folgen von Multitasking istockphoto.com/TommL

Stressfrei-Special: Die Folgen von Multitasking

Wie viel Stress verträgt der Mensch? Was können wir dagegen tun? In unserem Leben gibt es viele Faktoren, die Stress erzeugen können. In der diesmaligen Reihe aus unserem Stressfrei-Special versuchen wir zusammen mit Psychologin Dr. Rose Shaw herauszufinden, wie Multitasking das Gehirn in Anspruch nimmt.

Ehrgeizige Menschen wollen immer alles erreichen. Ihr Tagespensum ist oftmals hoch angesetzt und mit normalem zügigen Arbeiten nicht zu erreichen. Kommen noch nicht eingeplante Dinge dazu, neigt man spätestens hier dazu unterschiedliche Aufgaben gleichzeitig zu erledigen. Während man ein Kundengespräch führt, tippt man noch schnell eine E-Mail, tackert Unterlagen zusammen und notiert für die Sekretärin, dass ein Brief heute noch dringend raus muss.

Aber nicht nur der in der Arbeit Gehetzte greift heutzutage zum Multitasking. Das Phänomen gehört längst zu unserem Alltag, wie nichts anderes. Obwohl die Situation es gar nicht erfordert, machen wir viele Dinge gleichzeitig. Ein allseits bekanntes Beispiel ist die Beschäftigung mit dem Handy. Man tippt Kurznachrichten im Gehen, telefoniert beim Autofahren oder spielt während einer Vorlesung unter der Bank ein Handygame. Dieses permanente Fahren auf zwei Gleisen führt in der Sprache der Experten zur „Unaufmerksamkeitsblindheit“. Das bedeutet, dass man so in einer Gedankenwelt vertieft ist, dass man andere Dinge gar nicht mehr wahrnimmt, selbst wenn sie direkt vor unseren Augen stattfinden.

Die Clown-auf-dem-Einrad-Studie

Unlängst haben Forscher beschlossen, die Theorie der „Unaufmerksamkeitsblindheit” auf die Probe zu stellen: mit dem “Clown-auf-dem-Einrad-Test”. Sie dokumentierten Beispiele von Menschen im realen Leben, die so sehr mit ihrem Handy beschäftigt waren, dass sie nicht einmal etwas so Außergewöhnliches bemerkten, wie einen Clown auf einem Einrad, der auf der Straße an ihnen vorbei fuhr. Dr. Rose Shaw, Psychotherapeutin aus München, stellt diese Studie vor:

Die Ergebnisse der Studie wurden im Fachjournal Applied Cognitive Psychology online veröffentlicht. Verglichen mit Leuten, die für sich alleine liefen, zu Zweit oder ihrem iPod lauschten, neigten Leute, die auf dem Handy telefonierten, am ehesten zum Träumen: lediglich 25 Prozent von ihnen bemerkten den Clown auf dem Einrad. Dagegen fiel der Clown mehr als fünfzig Prozent der Fußgänger auf, die nicht auf dem Handy telefonierten.
Außerdem hatten Leute, die auf dem Handy telefonierten, sogar Mühe mit einer so einfachen Tätigkeit wie dem Laufen selbst, einer Handlung, die unsere Aufmerksamkeit relativ wenig beanspruchen sollte. Sie liefen langsamer, wechselten öfter die Richtung, neigten zum Torkeln und nahmen andere weniger zur Kenntnis.

Erhöhte Unaufmerksamkeit
Dr. Ira E. Hyman Jr., der Leiter der Studie an der Western Washington University, meint: „Wenn Leute, die auf dem Handy telefonieren, schon beim Laufen solche Schwierigkeiten haben, kann man sich vorstellen, was das für die Sicherheit beim Autofahren bedeutet.
Durch die Unaufmerksamkeit nimmt die Reaktionsgeschwindigkeit des Betroffenen sichtlich ab. Das psychologische Institut Salt Lake City stellte fest, dass bei fast allen Probanden eines virtuellen Fahrtests einen Auffahrunfall erzeugten, weil sie in ein Telefonat vertieft waren. Dabei spielte es noch nicht einmal eine Rolle, ob die Probanden ein Headset hatten oder das Handy normal benutzten. Die Reaktionsfähigkeit eines „Multitaskers“ lässt sich vergleichen mit jemanden der unter 0,8 Promille Alkoholeinfluss steht. Aber nicht nur die Reaktionsgeschwindigkeit leidet darunter. Die Spracherkennungsfähigkeit beispielsweise sinkt, sobald man neben dem zuhören z.B. noch Bilder ansieht. Diese Auswirkung lässt sich im Prinzip auf die unterschiedlichsten Fähigkeiten übertragen. Das menschliche Gehirn, so das Fazit vieler Forscher, ist für die gleichzeitige Betätigung unterschiedlichen Aufgaben, nicht geeignet.

Fazit: Man arbeitet besser und effizienter, wenn man seine Aufgaben der Reihe nach erledigt. Die Doppelbelastung des Gehirns mit unterschiedlichen Tätigkeiten zur gleichen  Zeit führt lediglich dazu, dass man häufiger Fehler macht und im Endeffekt langsamer arbeitet. Kann man sich auf eine Aufgabe konzentrieren und diese dann als erledigt ablegen, ist dies ein stressfreier und effizienterer Weg, seinen Alltag zu gestalten.


Quelle:
Dr. Rose Shaw, Blog Psychologie Aktuell, 25. Oktober 2009
e! Science News, 19.10.09; basierend auf dem Originalartikel (mit Bild des Clowns) von Hyman et al. Did You See the Unicycling Clown? Appl. Cognit. Psychol. (2009)