Morbus Bechterew: Entzündungen erkennen und erfolgreich entgegenwirken.
Wenn der Rücken schmerzt, denken die meisten Betroffenen an Bandscheibenvorfälle oder eingeengte Nerven. Doch in einigen wenigen Fällen liegen den Beschwerden Entzündungen wie die chronisch-entzündlich verlaufende Krankheit Morbus Bechterew zugrunde. Doch was genau ist Morbus Bechterew? Gibt es einen bestimmten Auslöser? Wie sehen die Symptome aus und welche Behandlungsmöglichkeiten stehen Betroffenen zur Verfügung? Diese Fragen beantwortet im Folgenden Wirbelsäulenspezialist
Dr. Reinhard Schneiderhan, Orthopäde aus München und Präsident der Deutschen Wirbelsäulenliga.
Was ist Morbus Bechterew?
„Morbus Bechterew ist eine chronische Erkrankung der Wirbelsäule, die sowohl Knochen als auch Gelenke angreift und dort gleichzeitig zu einer Zerstörung von Knochengewebe und einer Neubildung von knöchernen Strukturen führt. In den meisten Fällen tritt sie im Alter zwischen 20 und 40 Jahren auf und führt bei Betroffenen mit der Zeit zu immer stärkeren Einschränkungen im Bewegungsablauf sowie Rückenschmerzen im Lendenwirbel- und Beckenbereich. Morbus Bechterew ist nicht heilbar.“
Kann es jeden treffen?
Morbus Bechterew betrifft in Deutschland circa 0,5 Prozent der Bevölkerung, davon sind rund 25 Prozent Frauen. Eine exakte Ursache von Morbus Bechterew lässt sich nicht bestimmen. Sicher wissen Experten jedoch, dass eine genetische Veranlagung eine Rolle spielt. Denn circa 90 Prozent der Betroffenen verfügen über das spezielle Protein HLA-B27, das für die Erkennung von Krankheitserregern oder fremdem Material zuständig ist. Grundsätzlich verfügt jeder Mensch über dieses Protein, wie bei Blutgruppen gibt es davon allerdings viele unterschiedliche Ausprägungen. Warum sich daraus eine chronisch entzündliche Erkrankung von Wirbelkörpern entwickelt, ist Medizinern bis heute nicht bekannt.
Wie sehen die Symptome aus?
„Oft verspüren Betroffene eine „Morgensteifigkeit“ in der Wirbelsäule, bei der sich Schmerzen und Bewegungseinschränkungen vor allem nach dem Aufstehen bemerkbar machen. Außerdem nehmen Beschwerden bei Ruhe zu, bei Bewegung hingegen lassen sie nach. Normalerweise ist das umgekehrt. Kommen in den Jahren unsymmetrische Entzündungen einzelner Gelenke wie zum Beispiel der Knie- oder Hüftgelenke hinzu oder spüren Patienten Fersenschmerzen, können diese Symptome ebenfalls auf die chronisch-entzündliche Erkrankung hindeuten. Auch weitergehende Probleme wie Störungen im Sehvermögen, Herz- oder Nierenbeschwerden können einen Zusammenhang mit Morbus Bechterew aufzeigen. Bleibt die Krankheit unbehandelt, versteifen die Wirbelgelenke mit der Zeit und es kommt zu Verkrümmungen der Wirbelsäule.“
Welche Behandlungsmöglichkeiten stehen Betroffenen zur Verfügung?
„Um Schmerzen und Entzündungen zu lindern, erfolgt eine fachübergreifende Therapie: Rheumatologen leiten eine medikamentöse Behandlung ein, physiotherapeutische Maßnahmen helfen, betroffene Gelenke beweglich zu halten, und Orthopäden setzen direkt an der Wirbelsäule an. Mithilfe von Injektionen geben Spezialisten lokale Betäubungsmittel sowie entzündungshemmende Medikamente direkt an die betroffenen Wirbelgelenke, um die Schmerzweiterleitung zu unterbrechen. Verschafft diese Behandlung keine dauerhafte Linderung, kommen gegebenenfalls weitere, minimalinvasive Maßnahmen wie die Hitzesonde zum Einsatz. Hierbei veröden Mediziner mit einer feinen Sonde, deren Spitze sie auf 80 Grad Celsius erhitzen, gezielt die verursachenden Schmerzfasern. Vor allem aber spielt Bewegung eine große Rolle, zum Beispiel in Form von Physiotherapie oder speziellen Rückenübungen. Damit lässt sich der Verlauf der Krankheit positiv beeinflussen und die Lebensqualität von Betroffenen über einen langen Zeitraum erhalten.“