Eine Blinddarmentzündung oder Appendizitis wird laut der Landesärztekammer Baden-Württemberg jährlich um die 80.000 Mal diagnostiziert und ist damit die häufigste Darmerkrankung in Deutschland. Vermehrt tritt diese Krankheit bei jüngeren Menschen bis zum 30. Lebensjahr auf. Die Bezeichnung Blinddarmentzündung ist jedoch irreführend.
Tatsächlich ist nicht der Blinddarm betroffen, sondern nur sein circa sieben Zentimeter langes Anhängsel, der sogenannte Wurmfortsatz oder Appendix. Die Ursache liegt meistens in einer Verstopfung des Appendix, wodurch sich ein Sekret bildet, das
Bakterien einen optimalen Nährboden liefert. Haben Betroffene den Verdacht einer Appendizitis, gilt es schnellstmöglich einen Arzt aufzusuchen. „Diagnose und Behandlung erfolgen meist schnell und unkompliziert. Unbehandelt können allerdings lebensbedrohliche Folgen auftreten“, warnt Dr. Thomas Wilhelm, Chefarzt der Allgemein-, Gefäß- und Visceralchirurgie am
St. Vinzenz-Hospital in Köln.
Funktionen des Blinddarms
Der Blinddarm selbst befindet sich am Anfang des Dickdarms und hat, im Gegensatz zum weitverbreiteten Glauben, er sei überflüssig, mehrere Funktionen. Als Verbindung zwischen Dünn- und Dickdarm transportiert er Speisebrei und verhindert gleichzeitig, dass verdaute Nahrung zurückfließen kann. Dies erfolgt mithilfe einer Klappe, die sich nur in eine Richtung öffnet. Des Weiteren speichern der Blinddarm und sein Wurmfortsatz Darmflora, die sie, beispielsweise nach einer Durchfallerkrankung, an den restlichen Darm weitergeben. Zu guter Letzt ist der Blinddarm Teil des
Immunsystems: Das zum Großteil aus lymphatischem Gewebe bestehende Organ bildet, sobald Bakterien in den Körper gelangen, Abwehrzellen.
Symptome erkennen
Eine Appendizitis äußert sich meist in plötzlich auftretenden, heftigen Bauchschmerzen im Bereich oberhalb des Bauchnabels, die sich im weiteren Verlauf in den rechten Unterbauch verlagern. Häufig kommen weitere Symptome wie Übelkeit,
Fieber oder Erbrechen hinzu. Nach einer ausführlichen Anamnese tastet der behandelnde Arzt die betroffene Person ab. „Es gibt drei charakteristische Druckpunkte im Bauchbereich, durch die sich die Schmerzen bei einer Appendizitis provozieren lassen: der McBurney-Punkt, der Lanz-Punkt und der Blumberg-Punkt. Je nach Stelle reagieren Patienten entweder auf Druck oder verspüren einen sogenannten Loslass-Schmerz“, erklärt Dr. Wilhelm. Bei weiblichen Patienten muss zudem eine gynäkologische Ursache ausgeschlossen werden. Ferner können bildgebende Verfahren wie ein Ultraschall oder seltener eine Computertomografie den entzündeten Appendix sichtbar machen – ein gesunder Wurmfortsatz ist auf solchen Bildern meist nicht darstellbar. Die einzige Möglichkeit, eine Appendizitis eindeutig zu diagnostizieren, ist letztlich eine Bauchspiegelung.
Operation manchmal unvermeidbar
Es gilt zunächst den Schweregrad der Entzündung zu ermitteln. Bei einer leichten Appendizitis reicht es mitunter aus, wenn Betroffene ihren Darm mit leichter Kost entlasten, viel Tee trinken und sich ausruhen. Sind die Beschwerden schwerwiegender, lässt sich eine Operation oftmals nicht vermeiden. Grundsätzlich kann zwar ein Therapieversuch mit
Antibiotika erfolgen, dies ist aber in vielen Fällen nicht erfolgreich. „Bei einer akuten Entzündung muss der Wurmfortsatz möglichst schnell entfernt werden, da sonst das Risiko eines Blinddarmdurchbruchs erheblich steigt. Platzt der Appendix auf, gelangt der Darminhalt ungehindert in den Bauchraum, mit teilweise lebensbedrohlichen Folgen“, warnt Dr. Wilhelm. Es gibt zwei gängige Operationsmethoden. Im Fall einer offenen Operation oder Laparotomie nehmen Fachärzte einen klassischen Bauchschnitt vor. „Immer verbreiteter – und bei uns in über 95 Prozent aller Fälle durchgeführt – ist jedoch die operative Bauchspiegelung. Die Operationsinstrumente werden dabei durch kleinste Schnitte in den Bauchraum geführt und die Operation erfolgt minimalinvasiv“, so der Mediziner. Für eine bessere Sicht und mehr Platz wird Gas in den Bauchraum gepumpt. Mit dieser Behandlung erfährt der Patient eine schnellere Heilung mit weniger Komplikationen. Experten vermuten, dass es keine wirksame Methode gibt, einer Appendizitis vorzubeugen. Bewusste Ernährung und ausreichend Bewegung unterstützen zumindest den Darm und verhindern Verstopfungen.