Ganz bewusst habe ich das etwas überzogen dargestellt, denn ich möchte damit auf ein Problem aufmerksam machen, das inzwischen auch wissenschaftlich belegt ist und das ernste Folgen für eine sinnvolle und vor allem heilende Therapie haben kann: Patienten belügen regelmäßig ihren Arzt.
Die Studie
Zwei amerikanische Online-Untersuchung unterstreichen den subjektiven Eindruck, den wir Ärzte kennen und zeigen die Gründe:Für die Studien ließen die Forscher die Teilnehmer aus vorgegebenen Situationen diejenigen auswählen, in denen sie ihrem Arzt schon einmal falsche Informationen mitgeteilt hatten. Am häufigsten hatten sie trotz gegenteiliger Meinung einer Empfehlung des Arztes zugestimmt. Viele behaupteten auch, eine ärztliche Anweisung verstanden zu haben, obwohl das gar nicht stimmte. Jede fünfte Testperson gab außerdem zu, bei Angaben zur Ernährung, zum Konsum von Nahrungsergänzungsmitteln, zu sportlicher Aktivität oder der ordnungsgemäßen Einnahme eines Medikaments den Arzt belogen zu haben.
Im zweiten Teil der Studie sollten die Teilnehmer die Gründe für diese Unaufrichtigkeit benennen. Dabei gaben die meisten an, dass sie für ihr Verhalten nicht verurteilt und eines Besseren belehrt werden wollten. Mehr als der Hälfte war die Wahrheit peinlich. Am meisten logen übrigens weibliche, jüngere und die Teilnehmer, die ihren Gesundheitszustand als schlecht einstuften.
Die Folgen
Nun ist es auch für uns Ärzte durchaus verständlich und nachvollziehbar, dass niemand gerne „schlecht“ dastehen möchte. Ganz ehrlich: auch vor der zitierten Online-Untersuchung wussten wir schon von genau diesem Verhalten, das von den US-Forschern bestätigt wurde.Das macht es aber nicht weniger gefährlich. Auf die einfachsten Nenner gebracht: Wie sollen wir Ärzte sinnvolle Ratschläge zur Gesundheit geben, wenn diese auf Lügen basieren? Wie sollen wir beraten, wenn dieser Rat gar nicht verstanden und uns das nicht gesagt wird? Und wie sollen wir Ärzte eine Krankheit therapieren und die richtigen Medikamente verschreiben, wenn der Patient sie anschließend gar nicht oder nicht wie angegeben einnimmt, uns das aber bei der Nachuntersuchung vorenthält?
Je nach Krankheit kann diese Verhalten mehr oder weniger starke, in bestimmten Fällen sogar lebensbedrohliche Folgen haben.
Darum: Bitte seien Sie ehrlich zu uns Ärzten. Vor uns müssen Sie sich nicht beweisen und noch weniger müssen Sie sich vor uns schämen. Eines kann ich Ihnen dafür versprechen: Ihre Ehrlichkeit wird sich auszahlen, denn am Ende profitiert davon die Behandlung und damit Ihre Gesundheit.
Zur Person
Prof. Dr. med. Curt Diehm zählt zu den führenden Medizinern im Südwesten Deutschlands, er ist Autor zahlreicher Fach- und Patientenbücher und langjähriger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gefäßmedizin. Seit Mitte 2014 leitet er als Ärztlicher Direktor die renommierte Max Grundig Klinik in Bühl. Alle Beiträge dieser Serie zum Nachlesen unter www.max-grundig-klinik.de.