Zahlen des Endoprothesenregisters Deutschland ergaben, dass allein im Jahr 2017 fast 240.000 Erstimplantationen einer künstlichen Hüfte erfolgten. Dabei handeln Mediziner meist nach dem Credo, dass der Erhalt eines Gelenks über den Ersatz geht. „Aufgrund der menschlichen Anatomie und teilweise angeborenen Fehlstellungen gehört das Hüftgelenk allerdings zu den Gelenken des menschlichen Körpers, die besonders oft unter Verschleißerscheinungen leiden“, Dr. Wolfgang Cordier, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie und Chefarzt der Klinik für Orthopädie und spezielle orthopädische Chirurgie am zum Klinikverbund St. Antonius und St. Josef gehörenden Krankenhaus St. Josef in Wuppertal.
Verschiedene Auslöser für Hüftschmerz
Am häufigsten führt die sogenannte Hüftdysplasie zu einem Hüftgelenkverschleiß. Sie stellt eine angeborene Überdachungsstörung der Hüftpfanne dar, bei der der Hüftkopf zwar in der Hüftpfanne liegt, diese ihn jedoch nicht ausreichend halten kann. Rund vier Prozent der Neugeborenen in Deutschland leiden daran, sodass sie zu den häufigsten Skelettfehlentwicklungen zählt. Erkennen Mediziner die Fehlstellung bereits im Säuglingsalter, lässt sie sich meist durch nichtoperative Maßnahmen, wie eine Spreizhose, beheben. Unbehandelt entwickelt sich die Hüftdysplasie allerdings in vielen Fällen spätestens im Erwachsenenalter zu einem Gelenkverschleiß. Eine weitere häufig auftretende angeborene Fehlstellung stellt das Impingement, was so viel wie Anstoßen bedeutet, dar. Hierbei schlagen Knochen aufeinander, entweder aufgrund einer zu weit übergreifenden Hüftpfanne oder aufgrund eines verbreiterten Schenkelhalses. Diese Fehlstellung führt ebenfalls zu Hüftgelenkverschleiß, auch Coxarthrose beziehungsweise Hüftarthrose genannt. Arthrose gilt als degenerative Gelenkerkrankung, die durch Schädigung des Knorpels entsteht. Im gesunden Zustand ist der Knorpel eine glatte und elastische Gewebeschicht, die verhindert, dass Knochen direkt aufeinanderreiben. Im Alter oder auch durch Fehlbelastungen leidet der Knorpel jedoch immer mehr an Verschleißerscheinungen, die bei Betroffenen oft große Schmerzen verursachen. Den Ausgangspunkt für Hüftarthrose können zudem Unfälle, rheumatische Erkrankungen und Durchblutungsstörungen bilden.
Individuelle Lösungen
Erkennen Mediziner den Knorpelschaden in einem frühen Stadium zum Beispiel bei der Hüftdysplasie, besteht die Möglichkeit, durch operative Maßnahmen, wie die 3-fach-Beckenosteotomie, das Gelenk zu erhalten. Hierbei löst der Operateur die Hüftpfanne, um sie in eine korrekte Stellung über dem Hüftkopf zu bringen und eine weitere Schädigung des Knorpels zu verhindern. Dieses Operations-Verfahren, welches durch Chefarzt Dr. Cordier mitentwickelt worden ist, wird weltweit am häufigsten im Wuppertaler Zentrum durchgeführt. Bei einer weit fortgeschrittenen Hüftarthrose gilt ein Gelenkersatz jedoch meist als nicht mehr vermeidbar. Allerdings gibt es keine ideale Prothese, die für jeden Patienten passt. Vielmehr finden Mediziner und Patient gemeinsam die individuelle beste Lösung, je nach den knöchernen Gegebenheiten, den Bedürfnissen und den Belastungsansprüchen des Betroffenen. Kunstgelenke können unter anderem aus Titan, Stahllegierungen, Keramik, Kunststoff oder einer Kombination verschiedener Werkstoffe bestehen. Die Verankerung wiederum erfolgt zum Beispiel über Schraubensysteme oder Knochenzement oder als Hybridlösung aus mehreren Materialien. Nach der Operation verfolgen Mediziner meist das Prinzip der Frühmobilisation. Vor allem für jüngere Menschen unter 50 Jahren gilt es von einer Hüftprothese abzusehen, da diese oft nach etwa 15-20 Jahren erneuert werden muss. Außerdem sollten Patienten ein Kunstgelenk immer als Ersatz betrachten, das nicht die gleiche Widerstandsfähigkeit aufweist wie ein natürliches Gelenk. Dennoch lässt ein Gelenkersatz die Betroffenen wieder ein schmerzfreies und aktives Leben gestalten.