Dr. Christoph Neumann: Grundsätzlich unterscheidet sich der Fuß eines Diabetikers von dem eines gesunden Fußes nicht. Vorausgesetzt der Diabetiker hat seinen Zucker gut eingestellt und keine Folgeschäden. Diabetes heißt also nicht, dass sich die Füße verändern. Das diabetische Fuß-Syndrom ist die Folge eines jahrelang schlecht eingestellten Zuckers und kann Nerven und oder Gefäße betreffen. Häufig lassen sich Fuß- und Nagelpilze nachweisen.
Gesuendernet.de: Ist dabei immer nur ein Fuß betroffen?
Dr. Christoph Neumann: Eine Nervenschädigung tritt meist symmetrisch im Bereich der Zehen auf. Der Patient nimmt dann beispielsweise Missempfindungen, Brennen und oder Taubheitsgefühl wahr. Eine Durchblutungsstörung kann ein- oder beidseits vorliegen, die Gefäße sind dann durch Verkalkungen verengt. Typisch ist hier der belastungsabhängige Waden- oder Oberschenkelschmerz (Claudicatio intermittens). Kommt es im Rahmen von Nervenstörungen zu Verletzungen, heilen diese bei fachgerechter Therapie in der Regel rasch ab. Bei Vorliegen von Durchblutungsstörungen ist eine Heilung nur möglich, wenn diese gering ausgeprägt sind.
Gesuendernet.de: Sind alle Diabetes-Typen von einem diabetischen Fuß potentiell betroffen?
Dr. Christoph Neumann: Bei schlechter Zucker-Einstellung ja.
Gesuendernet.de: Merke ich als Diabetiker denn selbst Anzeichen für einen diabetischen Fuß? Gibt es zum Beispiel äußere Veränderungen?
Dr. Christoph Neumann: Ja. Wenn man beispielsweise eine fortgeschrittene Nervenstörung im Fuß hat, kommt es zu einer extremen Hornhautbildung, weil sich das Gehmuster verändert. Der Patient spürt dann einfach nicht mehr, wie er geht und belastet den Fuß fehl. Im Extremzustand gibt es auch sogenannte Krallenzehen – der Fuß deformiert sich dann. Deswegen ist es ganz wichtig, dass der Patient seine Füße regelmäßig beobachtet, um Veränderungen wahrnehmen zu können. Die Patienten, die gut über Diabetes informiert sind, bekommen in der Regel auch keinen diabetischen Fuß.
Gesuendernet.de: Wie sieht die Behandlung aus?
Dr. Christoph Neumann: Wenn eine Infektion mit einer offenen Stelle vorliegt, muss ein Abstrich gemacht werden, um herauszufinden, welche Bakterien vorliegen. Es folgen eine am Abstrich orientierte Antibiotika-Therapie, eine lokale Behandlung und ein Fußentlastung bzw. weitgehende Ruhigstellung. Grundsätzlich sollte immer eine Ultraschalluntersuchung der Gefäße durchgeführt werden. Liegt eine Durchblutungsstörung vor, muss unter Umständen eine Verbesserung der Durchblutung erfolgen, um eine Heilung ermöglichen zu können (z.B. Aufdehnung verengter Gefäße). Selbstverständlich ist eine weitgehende Normalisierung des Blutzuckers für die Heilung extrem wichtig.
Gesuendernet.de: Welche Gefahren bringt ein unbehandelter oder nicht rechtzeitig erkannter diabetische Fuß mit sich?
Dr. Christoph Neumann: Wenn ich mich nicht um meinen Zucker kümmere, taube Füße bekomme, ich mich stoße und sich der Fuß infiziert, kann im schlimmsten Fall das ganze Bein verloren gehen. Sprich: Mir droht eine Amputation. Darum ist es auch so wichtig bei jeder kleinen Veränderung, ein Diabetes-Zentrum aufsuchen.
Gesuendernet.de: Was kann ich als Diabetiker selbst tun, um dem diabetischen Fuß-Syndrom vorzubeugen?
Dr. Christoph Neumann: Das Wichtigste ist wirklich, seinen Zucker richtig einzustellen. Dann muss ich abklären lassen, ob ich bereits Nerven- oder Gefäßschäden vorliegen habe. Wenn das der Fall ist, ist eine individuelle Beratung sinnvoll, um Verletzungen vorzubeugen und Schäden zu vermeiden. Die Vorstellung bei einem Podologen und eine angepasste Versorgung mit Einlagen oder Spezialschuhwerk sind hier hilfreich.
Zur Person
Dr. med. Christoph Neumann ist Internist und Diabetologe am Diabeteszentrum Neumann + Zschau in München.